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Die zehn häufigsten Interviewfragen und die besten Antworten

Nach Gesprächen mit Hunderten von Jobsuchenden und Aussagen von Personalverantwortlichen möchte ich Sie mit den Top 10 der Bewerbungsfragen bekannt machen. Auf den ersten Blick erscheinen alle harmlos. Aber dem ist nicht so.

1.   Erzählen Sie mir doch mal etwas über sich, Herr XY…

Diese Frage hat ihre Tücken. Holen Sie zu weit aus, langweilen Sie. Beschränken Sie sich auf kurze Statements, wirken Sie wortkarg. Beides kommt nicht gut an. Bei dieser Frage ist es also wichtig, kurz, knapp und effektiv zu antworten. Sie haben bereits hier die Möglichkeit, Ihre Stärken und Erfahrungen herauszustreichen. Und damit natürlich Ihren Nutzen für die Firma. Gar nicht so einfach.

Wie Sie es lieber nicht machen sollten:

Erzählen Sie mir doch mal etwas über sich, Herr XY…

Das mache ich gerne, Herr Menschenkenner. Ich heisse Jürgen Ausführlich, bin 37 Jahre alt und komme aus Bülach. Wie Sie vielleicht wissen, ist Bülach in der Nähe vom Zürcher Flughafen, etwa zehn Minuten mit dem Auto. Ich habe drei Kinder, die Fabienne, der Thomas und die Alexandra. Fabienne ist drei, Thomas fünf und Ale- xandra siebeneinhalb Jahre alt. Die Primarschule besuchte ich in Dübendorf. Später sind dann meine Eltern allerdings in den Kanton AG umgezogen, wo ich mich zuerst nicht so wohl fühlte, aber in der Sekundarschule von Aarau schnell Freunde fand. … undsoweiterundsofort

So könnte sich eine bessere Antwort anhören:

Erzählen Sie mir doch mal etwas über sich, Herr XY…

Das mache ich gerne, Herr Menschenkenner. Gibt es Themen, die Sie besonders interessieren? Wenn nicht, gebe ich ihnen einfach mal eine Kurzfassung und über- lasse es dann Ihnen, auf welche Punkte ich noch genauer eingehen soll.

Ich bin 37 Jahre alt, verheiratet und stolzer Vater von zwei Kindern, ein Mädchen und ein Junge. Schon sehr früh faszinierte mich die Technik, so dass meine Studienwahl, Maschinenbau an der ETH in Zürich, nicht überraschte. Als frischgebackener Ingeni- eur fand ich bei der Firma ABB den optimalen Berufseinstieg. Ich konnte viele wert- volle Erfahrungen sammeln und wurde schon nach kurzer Zeit zum Teamleiter und anschliessend zum Abteilungsleiter befördert. Heute stehe ich der Abteilung Engine- ering vor und bin für gut zwanzig Mitarbeiter verantwortlich. Obwohl mir meine Auf- gabe sehr gut gefällt und ich immer mit neuen Aufgaben betraut werde, merke ich,

dass vieles Routine wurde. Zudem würde mich auch eine Tätigkeit im internationalen Projektgeschäft reizen. Dass mich gerade Ihr Inserat ansprach, ist also nicht überra- schend…

2.   Warum möchten Sie die Firma verlassen?

Aufgepasst! Wenn Sie einen guten, positiven Grund haben, weshalb Sie weg möch- ten, dann teilen Sie ihn nun mit. Zum Beispiel: Der Firmensitz wird ins Ausland ver- legt oder der Wohnortswechsel macht neue Pläne möglich. Hüten Sie sich davor, Ihren Chef, die Firma oder Ihre Arbeitskollegen für den Stellenwechsel verantwortlich zu machen oder gar negativ zu beschreiben. Dies ist ein Bumerang. Denn das könn- te so verstanden werden, als hätten Sie für Unruhe gesorgt. Vermeiden Sie alles, was nach Stichelei oder Rachefeldzügen klingen könnte. Wichtig ist aber, dass Sie immer bei der Wahrheit bleiben und einfach das Positive stärker hervorheben als die weniger schönen Erlebnisse. Falls Sie diese denn überhaupt erwähnen.

So sollten Sie NICHT antworten:

Ich werde gemobbt. Alle liegen auf der faulen Haut, und ich arbeite. Mein Chef hat von der Materie keine Ahnung. Das wird sich spätestens dann zeigen, wenn ich weg bin und sie den Kram plötzlich selber machen müssen.

Hier eine mögliche Antwort:

Das Umfeld und vor allem die Zusammenarbeit im Team gefallen mir ausgezeichnet. Letztes Jahr schloss ich mit Erfolg meine Ausbildung zur Personalfachfrau ab. Ich würde gerne mehr rekrutieren und auch Projekte übernehmen. Leider sieht mein Chef zurzeit keine Möglichkeit, mir mehr Verantwortung zu übergeben. Ich bin zwar nicht im Zugzwang, halte aber in einer solchen Situation verständlicherweise die Au- gen und Ohren offen.

3.   Was wissen Sie über uns?

Jetzt sind Sie am Zug. Jetzt zeigt es sich, wie fleissig Sie waren und wie gross Ihr Interesse am Job wirklich ist. Wir hören sehr oft von Kunden, dass die Bewerbenden zu wenig vorbereitet waren. Bei dieser Frage können Sie viel gewinnen oder aber auch viele Punkte verlieren….

4.   Wo sehen Sie Ihre Stärken und Schwächen?

Bei dieser Frage staune ich immer wieder über die Lücken. Jeder kennt die Frage, die in 99 Prozent aller Vorstellungsgespräche gestellt wird. Und dennoch haben viele Menschen Mühe, überzeugende Antworten zu geben.

Nun zuerst zu den Stärken:

Hier können Sie wirklich punkten. Nennen Sie Dinge, die wirklich zu Ihnen passen. Wichtig ist, dass Sie nicht einfach drei Adjektive herunterleiern, sondern Adjektive nennen, diese erklären und wenn möglich mit einem Beispiel untermauern.

Dies kann zum Beispiel so klingen:

Ich arbeite seit drei Jahren im Controlling. Das Analysieren von Zahlen macht mir grossen Spass. Es gefällt mir die Daten aufzubereiten, Schlüsse zu ziehen und ge- eignete Massnahmen abzuleiten. Ich gehe sehr systematisch vor, bin analytisch stark und behalte jederzeit die Übersicht. Besonders liegt mir, Zahlen so aufzubereiten, dass sie in Kürze für jedermann leicht verständlich sind. Mein Vorgesetzter schätzt auch meine fundierten IT-Kenntnisse. So habe ich zum Beispiel ein eigenes Report- ingtool entwickelt, das nun in allen Filialen verwendet wird und vielen Mitarbeitern das Leben einfacher macht. Ich bin ein pragmatischer Macher und ein sehr guter Teamplayer.

Und nun zu den Schwächen.

Schon etliche Male habe ich erlebt, dass Bewerbende sagen: „Ich habe keine Schwächen“. Wenn es als Witz gemeint ist, kann man das ja stehen lassen. Aber meinen Sie es ernst, kommt ein Problem auf Sie zu. Denn jeder Mensch hat Schwä- chen. Und wer meint, er sei die grosse Ausnahme, wird entweder als naiv oder un- ehrlich angesehen. Beides wirkt nicht sehr vorteilhaft. In der Regel sind die Schwä- chen schnell ersichtlich. Vielleicht sind sie eher introvertiert und das Präsentieren vor grossen Gruppen liegt Ihnen nicht. Oder Sie arbeiten einfach nicht gerne mit Zahlen, was nicht zum Problem werden dürfte, solange Sie sich nicht in der Buchhaltung be- werben. Oder vielleicht arbeiten Sie nicht gerne alleine und möchten in einem grös- seren Team arbeiten? Kommen Sie bei den Schwächen rasch auf den Punkt und sagen Sie offen und ehrlich, wo sie Mühe haben. Sie müssen ja nicht gleich alles auf den Tisch legen und so dramatisieren, dass Ihr Gegenüber Mitleid mit Ihnen hat.

So könnte eine mögliche Antwort lauten:

Ich bin bekannt dafür, dass ich alles sehr exakt und genau mache. Ich habe einen sehr hohen Qualitätsstandard und möchte alles immer perfekt erledigen. So benötig- te ich früher manchmal zu viel Zeit, weil ich jedes Detail allzu genau analysierte. Mit den Jahren und der Erfahrung habe ich gelernt, Prioritäten zu setzen. Heute wäge ich ab, wo es dem Unternehmen etwas bringt, wenn ich genau hinschaue. Auch musste ich lernen, nach der Arbeit abzuschalten. Noch heute muss ich aufpassen, dass ich die Arbeit nicht nach Hause nehme und einfach nicht richtig ankomme. Aber das habe ich schon recht gut im Griff.

5.   Was war die schwierigste Situation in Ihrem Berufsleben?

Achtung Glatteisgefahr! Das ist eine gute Frage, die zu einer effektiven Antwort ein- lädt. Vermeiden Sie es jedoch, eine Situation zu beschreiben, die so schwierig war, dass sie zu persönlichem Versagen oder zu einer Katastrophe führte.

Schildern Sie eine Situation, die zwar schwer zu lösen war, aber ein glückliches Ende fand. Und zwar nicht nur für Sie, sondern auch für Ihren gegenwärtigen oder früheren Arbeitgeber. Auf keinen Fall sollten Sie die Frage beantworten, indem Sie über per- sönliche oder familiäre Schwierigkeiten berichten. Erwähnen Sie auch keine ungelös- ten Probleme, die Sie mit Vorgesetzten, Kollegen oder Untergebenen haben.

Eine mögliche Antwort könnte zum Beispiel so lauten:

Mit schwierigen Situationen muss ich mich immer wieder auseinandersetzen. Das gehört quasi zu meinem Job. Eine davon war für mich die letzte grosse Reorganisa- tion. Ich war gezwungen, drei Personen meiner Abteilung aus wirtschaftlichen Grün- den zu entlassen. Obwohl ich wusste, dass dieser Schritt für das Fortbestehen des Unternehmens wichtig war, hatte ich enorme Mühe, diese Kündigungen auszuspre- chen. Glücklicherweise fanden alle drei Mitarbeiter innerhalb von sechs Monaten wieder eine Stelle.

6.   Weshalb sind genau Sie der/die Richtige für diesen Job?

Diese gefährliche Frage zählt zu den Lieblingsfragen der Personalchefs. Sie müssen sich mit dieser Frage unbedingt schon vor dem Gespräch auseinandersetzen, um nicht auf dem falschen Bein erwischt zu werden. Es lohnt sich, denn mit einer klugen Antwort können Sie souverän punkten. Überlegen Sie, welchen Mehrwert Sie dem Unternehmen bringen können und nicht, was das Unternehmen Ihnen bieten kann. Am besten nehmen Sie bei diesem Punkt nochmals die Ausschreibung und formulie- ren kurz und klar die wichtigsten Punkte:

Eine mögliche gute Antwort könnte lauten:

Sie suchen eine Person mit Erfahrung mit thermischen Anlagen. Seit meinem  Abschluss als Elektroingenieur ETH befasse ich mich intensiv mit Grossanlagen. Zudem suchen sie jemanden mit fundierter Führungserfahrung. Seit über sieben Jahren führe ich das 20-köpfige Engineering Team mit Erfolg. Konkret heisst das, dass unsere Abteilung eine gute Teamkultur und die tiefste Fluk- tuationsrate hat. Für die Auslandprojekte suchen sie jemanden mit sehr guten Sprachkenntnissen in D, E, und Spanisch. Diese drei Sprachen spreche ich alle fliessend.

7.   Wie viel verdienen Sie zurzeit und wie viel möchten Sie verdienen?

Bei dieser Frage habe ich mir bei einigen Kandidaten schon fast die Zähne ausge- bissen. Da gehen die Spielchen los. Das kommt ganz darauf an, je nachdem…. Wie hoch ist die Stelle den budgetiert?…etc. etc…. Mühsam, mühsam, mühsam. Viel besser ist es, wenn Sie sich im Vorfeld überlegt haben, was Sie wert sind. Diesen Betrag nennen Sie klar und deutlich. Erkundigen Sie sich auch, was auf dem Markt üblich ist. Und vor allem, sagen Sie beim jetzigen Lohn immer die Wahrheit. Bei einer Referenzauskunft kann der Lohn überprüft werden. Klar, der Referenzgeber ist nicht verpflichtet, Ihnen den Lohn zu nennen. Trotzdem, die Welt ist so klein. Und Sie wis- sen nie, wer wen kennt, aus welchen Gründen auch immer. Also bleiben Sie immer bei der Wahrheit, es zahlt sich aus.

Eine mögliche Antwort könnte sein:

Bei der jetzigen Stelle verdiene ich brutto CHF 130’000.–. Dazu kommt eine jährliche Bonuskomponente von 10 – 20 Prozent. Letztes Jahr erhielt ich CHF 20’000.— Bonus. Ich habe ein Geschäftsauto sowie das Handy voll bezahlt. Meine Lohnvorstellungen liegen in etwa in diesem Umfang.

8.   Was hat Ihnen am bisherigen Arbeitgeber überhaupt nicht gefallen:

Auch da, bleiben Sie positiv. Selbst wenn Sie jetzt eine Menge negativer Punkte aufzählen könnten, tun Sie es nicht. Beschwerden fallen meist auf Sie zurück.

So sollten Sie sich besser nicht verhalten:

Da gibt es mehrere Sachen. Der Abteilungsleiter hatte keine klare Strategie und die Mitarbeitenden machten, was sie wollten. Es war alles unstrukturiert und die Informationen kamen immer zu spät oder gar nicht.

Eine mögliche Antwort könnte sein:

Ich war zufrieden. Die eine oder andere punktuelle Verbesserungsmöglichkeit lässt sich natürlich immer finden. Im Wesentlichen sind es die fehlenden Perspektiven, die mich zur Bewerbung bei Ihnen veranlassen.

 

9.   Wie sollte ihr idealer zukünftige/r Vorgesetzte/r sein?

Negative Antwort:

Er müsste so sein wie ich.

Positive Antwort:

Er sollte in der Lage sein, eine Brücke zwischen den Firmeninteressen und der Moti- vation der Mitarbeiter zu bauen. Er sollte klare Vorgaben machen, jedoch den Weg zum Ziel nicht vorschreiben. Fairness und Teamgeist sollten im Vordergrund stehen.

10.     Welche Fragen haben Sie an uns?

Sehr unklug ist es, wenn Sie auf die Frage „Haben Sie noch Fragen?“ mit Nein antworten.

Aus einem Nein schliesst der Personalchef, dass Ihnen der Job nicht besonders wichtig ist. Vielleicht glaubt er auch, dass Sie eher passiv sind und alles so akzeptie- ren, wie es Ihnen vorgesetzt wird. Beide Annahmen erhöhen Ihre Chancen auf eine Anstellung nicht. Legen Sie sich auf jeden Fall ein paar relevante und „knackige“ Fragen zurecht. Das Schlüsselwort ist hier „relevant“. Stellen Sie keine Allerwelts- Fragen. Und auch keine, deren Antwort Sie bereits kennen müssten. Sie können ru- hig auch die Personalverantwortlichen etwas in die Mangel nehmen. Denn Sie müs- sen ja herausfinden, ob die Firma, die Kultur und der Job zu Ihnen passen. Führen Sie sich dies immer wieder vor Augen. Drehen Sie also den Spiess um.

Die Fragen, die Sie an den Personalchef richten, sollten zwei Zwecken dienen:

  • Informationen zu sammeln, die Ihnen bei der Evaluierung des Jobangebotes helfen.
  • Ihre Qualifikationen, Kenntnisse und Fähigkeiten noch stärker hervorheben.

Wir wünschen Ihnen viel Spass und Erfolg bei den kommenden Vorstellungsgesprächen.

Ihre Extendis AG